Kambodscha / Thailand 2000
... ausgerechnet Kambodscha !
     (Thomas Wehrsdorfer und Heiko Otto)
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Eine Reise durch das Land der Khmer ist ein Abenteuer allererster Güte ! Seit Jahren träumte ich davon, dem "Angkor-Tempel" - dem größten Sakralbau auf unserem Planeten - einen Besuch abzustatten. Aber wen ich als potentiellen Reisepartner auch ansprach, die Reaktion war stets die gleiche: "Warum ausgerechnet Kambodscha ? Da gibt's doch bloß die Roten Khmer, jede Menge Tretminen und viel Blei in der Luft !" - Mit der Motorrikscha zur Grenze Dann endlich erklärte sich Thomas, mein langjähriger Partner in Sachen Abenteuerreisen, bereit, mit auf Tour zu gehen. Und so hieß es schließlich, nur wenige Tage nach der Jahrtausendwende, die Kraxen Packen und ab ins Flugzeug !

Die Reise nach Bangkok und der Weg bis zur thailändisch-kambodschanischen Grenze wären an sich schon einen separaten Bericht wert - doch was ist ein Sonntagnachmittagspaziergang im Vergleich zu einem Marathon ? Also will ich meinen Bericht in "Aranyaprathet", einer kleinen ostthailändischen Grenzstadt, beginnen. Markttreiben am Grenzübergang Die wenigen Kilometer vom lokalen Bahnhof bis zur "Eastern Thai Border" kann man halbwegs bequem mit einer Motorrikscha zurücklegen. Die Fahrpreise sind allerdings, verglichen mit den im Landesinneren üblichen Tarifen, unverschämt hoch - und da hilft auch kein Handeln. Die Fahrer wissen genau, dass die einzige Alternative ein langer Fußmarsch auf der staubigen Landstraße ist. Unterwegs kommen wir an einigen kleinen Holzbaracken vorbei. Hier kann man seit Neuestem für umgerechnet 60 DM ein Visum für Kambodscha erwerben. Überhaupt ähnelt die nähere Umgebung Die Grenze - hier enden Bahngleise und Teerstraßedes Grenzübergangs eher einem großen Jahrmarkt als einer offiziellen Landesgrenze. Zahllose kleine Verkaufsstände mit den unterschiedlichsten Angeboten und "Fliegende Händler", die mit großen, oftmals von einem guten Dutzend Männern geschobenen Holzkarren zwischen der thailändischen und kambodschanischen Seite der Grenze pendeln, prägen das Bild. Die hier abrupt endende Teerstraße und ein totes Eisenbahngleis suggerieren jedem Fremden sofort: Ausreise aus ThailandHier endet die "zivilisierte Welt" ! Einem Pulk schwer beladener Holzkarren folgend, kommen wir, vorbei an lässig in der Sonne fläzenden Thai-Grenzern, zur Passkontrollstelle. Problemlos bekommen wir unsere Ausreisestempel und können ohne weitere Kontrollen passieren. Auf einer von Bettlern belagerten Brücke geht es weiter über das furchtbar verschmutzte Grenzflüsschen. Am jenseitigen Ufer werben zwei Tafeln für Spielkasinos im Niemandsland. Wer geht denn ausgerechnet hier in ein Kasino? Eine eher baufällig wirkende steinerne Tordurchfahrt heißt uns mit verblasster Farbe und abbröckelnden Buchstaben Formalitäten beim kambodschanischen Zollim Lande der Khmer willkommen. Und gleich dahinter wartet auch schon der kambodschanische Zoll ...

Nachdem die Kraxen gründlich durchwühlt sind bekommen wir eine Art Laufzettel ausgehändigt. Die nächste Station ist ein Posten des Gesundheitsamtes. Hier werden diverse Eintragungen im Impfausweis geprüft - eine nette Erinnerung, dass Kambodscha zu den am meisten von Malaria und Aids heimgesuchten Ländern der Welt gehört. Glücklicherweise besitzen wir alle erforderlichen Vermerke und dürfen somit weiter zur Baracke des "Imigration Office". Nach einem kleinen Woher-Wohin-Warum-Frage-Antwort-Spielchen Einreise nach Kambodschaerhalten wir auch hier die offizielle Einreisegenehmigung und damit den unerlässlichen Stempel in den Reisepass.

Soweit sogut - doch wie nun weiter ? Das kambodschanische Grenzdorf "Poi Pet" liegt unmittelbar hinter der Kontrollstelle. Am Rande eines kleinen Platzes, in dessen Mitte ein vielarmiges Fabelwesen scheinbar mitten im Tanz zu Stein erstarrt ist, haben sich eine Handvoll weiterer Rucksacktouristen versammelt. Sie diskutieren mit dem Fahrer eines erstaunlich modern aussehenden Pickups über den Preis für eine Fahrt nach "Siem Reap". Fantastisch, genau da wollen auch wir hin. Die anderen sind über zwei weitere zahlende Passagiere ganz glücklich Mit dem Pickup in Richtung "Siem Reap"und gemeinsam einigen wir uns nun recht schnell auf einen Fahrpreis von 6 US$ pro Kopf für die gut 150 km lange Strecke.

Highway 5 nennt sich laut Karte die drittgrößte Straße Kambodschas. Highway - was für eine maßlose Übertreibung für diese staubige, schlaglöcherige Piste quer durch endlose, derzeit ausgetrocknete Reisfelder ! Zu acht hocken wir auf dem Rand der Ladefläche des Pickups, der ansonsten mit diversen Säcken und Kisten vollgestopft ist. Trotz der reichlich unbequemen Stellung ist die Stimmung gut. Jeder, der bis hierher gekommen ist, "Öffentlicher Nahverkehr" in Kambodscha ;o)muss schon eine ganze Menge erlebt haben. Stoff für einen regen Erfahrungsaustausch ist somit reichlich vorhanden. Unsere kleine Gruppe entpuppt sich als wahrlich international: Mit an Bord sind eine Australierin, ein Brasilianer, eine Spanierin, ein Italiener, ein Brite, ein US-Amerikaner und natürlich wir zwei Deutschen. Jeder von uns erzählt etwas über seine Heimat oder berichtet über interessante Reiseziele in der Welt. Die kleinen Händler von SisophonTrotzdem auf diese Art und Weise die Zeit wie im Fluge zu verstreichen scheint, sind wir heilfroh, nach zwei Stunden grausamer Holperei den ersten Meilenstein der Reise, die kleine Stadt Sisophon, erreicht zu haben. Eine wahre Flut von Händlern, die meisten von ihnen Krüppel oder Kinder, stürzt sich sofort auf uns, in der Hoffnung, eine Flasche Wasser, eine Büchse Bier oder ein Stück Brot verkaufen zu können. Wir sind gute Kunden, denn der heiße, staubtrockene Fahrtwind hat uns durstig gemacht. Eine halbe Stunde später geht es weiter Richtung Osten. Unseren Protest ignorierend hat der Fahrer den Aufenthalt genutzt, weiteren Ballast auf die Ladefläche zu packen - unter anderem zwei große, übel stinkende Säcke mit Fisch ! Saßen wir vorher schon eng zusammengedrängt, Auf dem "Highway 5" durch Kambodschaso wird es jetzt wirklich unbequem ! Doch es kommt noch schlimmer: Konnte man bisher anhand einzelner Teerbrocken noch vermuten, dass der Highway 5 - nur ein Zyniker kann diesem Feldweg eine solche Bezeichnung gegeben haben - einstmals bessere Zeiten erlebt hatte, so verwandelt sich die Piste jetzt in eine einzige Katastrophe. Metertiefe Schlaglöcher wechseln mit waschbrettartigen Abschnitten. Manchmal scheint sich die Straße völlig zu verlieren und die Fahrt führt in wilden Sprüngen durch die Reisfelder. Gesprengte Brücken, Relikte des erst vor kurzem beendeten Bürgerkrieges, Eine von vielen zerstörten Brückenbilden die gefährlichsten Hindernisse. Unser Fahrer hat offensichtlich schon eine gewisse Routine beim überwinden der nur noch aus einzelnen Brettern oder geknickten Stahlträgern bestehenden Konstruktionen. Mich erfasst jedes Mal ein eigenartiges Prickeln im Bauch, wenn wir mit unverminderter Geschwindigkeit über ein solches Hindernis schleudern, vom Abgrund nur durch dünne, sich durchbiegende Holzbalken getrennt. Den anderen geht es nicht besser, was Äußerungen wie "Oh god, that's really impossible !" lautstark belegen. In voller Fahrt schleudert der Pickup über solche HindernisseVerrückterweise muss unser Fahrer für einige dieser Trümmerhaufen auch noch eine Art Brückenzoll an dubiose Brückenwächter zahlen.

Stunden später ... In verschiedenen Dörfern entlang der Piste hat der Fahrer nach und nach noch weitere Passagiere aufgegabelt. Wir haben nicht einmal mehr versucht, dagegen zu protestieren. Jeder von uns kämpft mittlerweile mit seinen eigenen kleinen Wehwehchen - die meisten in Form großer blauer Flecke am Sitzfleisch. Das Fahrzeug ist noch lange nicht voll ! Unglaubliche 23 Personen befinden sich inzwischen auf der Ladefläche oder klammern sich irgendwie außen fest, die meisten sogar noch mit Säcken und Kisten bepackt. Und da hatten wir zu Beginn der Fahrt doch allen Ernstes angenommen, die Ladefläche sei durch uns schon voll belegt ! Das Ganze hat immerhin einen Vorteil: Zusammengequetscht wie die Ölsardinen besteht nun keine Gefahr mehr, bei einer der endlos vielen Bodenwellen von der Ladefläche geschleudert zu werden.

Mit Mopets unterwegs nach "Angkor"Mit dem Sonnenuntergang sinkt auch unsere Stimmung dem Nullpunkt entgegen. Kein Verkehrsschild, keine Veränderung in der Landschaft, nichts was darauf hinweisen könnte, wie weit es noch ist. Nach und nach schleicht sich das Gefühl ein, ewig unterwegs zu sein ohne dabei wirklich vorwärts zu kommen. Auf unserem Gepäck, auf der Kleidung, im Haar - überall hat sich inzwischen eine dicke Eines der vier großen Tore von "Angkor Thom"rotbraune Staubschicht gebildet. Ich bin heilfroh, ein kleines Tuch als Mundschutz eingesteckt zu haben. Mein Hut hingegen hat sich - dank des Fahrtwindes - leider schon vor Stunden auf nimmer Wiedersehen verabschiedet.

Dann endlich Lichter am Horizont; einzelne, eher unscheinbare Pünktchen in der Dunkelheit. Siem Reap ! Kaum zu glauben - wir haben es wahrhaftig geschafft ! Selbstverständlich bringt uns der Fahrer zum einzigen guten und preiswerten Hotel der Stadt - die übliche Schleppermanier. Schon ein Blick die Straße hinab genügt, um zu erkennen, dass es reichlich alternative Unterkünfte gibt. Blick auf das "Angkor Wat"Ein halbwegs sauberes und vertrauenerweckendes Quartier ist bald gefunden und der Preis - 3 US$ pro Nacht - schnell ausgehandelt. Den restlichen Abend widmen wir der Erkundung der näheren Umgebung und den Angeboten diverser Garküchen entlang der Straße.

Am nächsten Morgen brechen wir zeitig auf. Es gilt zwei Mopeds anzumieten. Der Komplex des Angkor-Tempels umfasst mehr als 20 km² - zuviel für einen Fußmarsch. Für 5 US$ finden wir schnell was wir suchen - Benzin und Fahrer inklusive.

Buddhistische Priester vor dem gewaltigen TempelkomplexGut zwanzig Moped-Minuten nördlich des Zentrums von Siem Reap beginnt das Gebiet von Angkor. Gleich am Eingang heißt es für Ausländer jedoch erst einmal "zur Kasse bitte". 20 US$ soll ein Tagesticket kosten, 40 US$ das Dreitagesticket - ganz schön unverschämt. Wir zahlen murrend für drei Tage und betreten voller Spannung das streng bewachte Areal.

Eines von vielen herrlichen ReliefsMehr als zwei Dutzend große und zahllose kleinere Tempelbauten gibt es im Bezirk von Angkor zu bewundern, viele davon in monumentaler Architektur, und jeder auf seine Weise einzigartig. Den größten und berühmtesten - das "Angkor Wat" - bekommen wir gleich zu Beginn unserer Tour zu Gesicht. Fünf hohe, entfernt an Kleckerburgen erinnernde Türme überragen die Umfassungsmauern, die wiederum von einem fast 1,5 km langen Rechteck aus Wassergräben umschlossen werden. Ein breiter steinerner Steg führt zum Haupttor des Tempelkomplexes und weiter schnurgerade auf den 65 m hohen zentralen Turm des Bauwerks zu. Aus riesigen steinernen Köpfen besteht das "Bayon"Fantastische Reliefs mit "Apsaras" - spärlich bekleideten himmlischen Tänzerinnen - und Szenen aus dem Leben und den Legenden der Khmer schmücken die Wände fast aller Bauten; steinerne Götter und Dämonen bewachen die Wege. Lotus blüht in mehreren großen Wasserbassins, auf deren glatten Oberflächen sich die Türme des Tempels spiegeln.

Noch benommen von den ersten überwältigenden Eindrücken fahren wir weiter, vorbei Priesterschüler auf dem "Bayon"an Spalier stehenden Wächterfiguren durch eines der vier hohen Tore von "Angkor Thom" - der "Großen Stadt". Genau wie die Tore, so scheinen auch die Türme des größten und wichtigsten Bauwerks von "Angkor Thom" - dem "Bayon" - aus riesigen Steinköpfen zu bestehen. Je vier übergroße Gesichter blicken in die vier Himmelsrichtungen. In leuchtendes Orange gekleidete buddhistische Priester sitzen auf den steil nach oben führenden Steinstufen, Blumen und Räucherwerk liegen auf Opfersteinen, prächtige Reliefs schmücken die Wände. Der Aufstieg zur obersten Plattform des Bayon ist nicht ganz ungefährlich, Dschungelriesen überwuchern "Ta Prohm"lohnt sich aber schon wegen des herrlichen Ausblicks, den man von oben auf die umliegenden Tempelanlagen und die Baumriesen des nahen Urwalds hat.

Vorbei an einem 350 m langen Elefantenrelief fahren wir Stunden später weiter zur - zumindest für mich - absoluten Hauptattraktion von Angkor: dem Dschungeltempel "Ta Prohm". Genau genommen ist die Bezeichnung Dschungeltempel eine unerhörte Untertreibung. Ein schier unüberschaubares Gewirr aus kleinen Tempeln, Mauerresten und Ruinen, alle überwuchert von gigantischen Bäumen, verbirgt sich hinter dem Namen "Ta Prohm". Wie riesige Kraken umklammern meterdicke Wurzeln Mauern und Wände, wachsen Bäume in, auf und aus Tempelbauten. Der Dschungel holt sich zurück was ihm einst gehörteAlle möglichen Arten von kleinem Getier, bunten Insekten und Vögeln huschen und schwirren durch das bizarre Trümmerfeld. In der Luft liegt ein Hauch von Jahrhunderten ...

Volle drei Tage verbringen wir in den Tempelanlagen von Angkor, anfangs noch in Begleitung unserer beiden Fahrer, später - nach langer Debatte, ob wir wohl in der Lage wären, die wertvollen Mopeds selber zu fahren - alleine. Nur mit Mühe reicht uns diese Zeit, den gesamten Komplex wenigstens oberflächlich kennenzulernen.

Einer von zahlreichen weiteren Tempelbauten im Gebiet von "Angkor"Mit zahllosen Fotos im Gepäck und dem festen Vorsatz irgendwann einmal wiederzukommen, besteigen wir am Morgen des vierten Tages die Ladefläche eines Pickups. Vor uns liegt eine schier endlose Fahrt auf dem Feldweg, der in den Landkarten von Kambodscha als Highway 5 verzeichnet ist ...

PS: Ich habe schon viele imposante Bauwerke überall auf der Welt gesehen, doch keines hat mich bisher so nachhaltig beeindruckt wie die Tempel von Angkor.

Bericht: Heiko Otto
Januar 2000     

Kommentar
Sri Lanka 1999
 

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